Rede zur Ausstellungseröffnung „Thomas Schindler – Malerei und Zeichnungen“ am 02. Oktober 2021
Sehr verehrte Damen und Herren,
ein altes Klassenzimmer dient dem Maler Thomas Schindler als Atelier. Der Raum ist bis in den letzten Winkel effizient und flexibel genutzt. Die Malutensilien auf dem Rollwagen liegen griffbereit und geordnet. An den Wänden lagern stehend die Gemälde auf Leinwand in Ölfarbe. Die großen Fenster weisen nach Westen und spenden bis in den Nachmittag gutes Licht bis dann verschattet werden muss. Der Ausblick reicht über die Dächer der nun weitestgehend sanierten Stadt, lässt die Saalelandschaft spüren und führt dann über die Neustadt zum Horizont mit den Abraumhalden des Bergbaus vergangener Tage. Es ist der Blick aus dem Klassenfenster, der sicher einst Kinderaugen träumen und Lehrer verzweifeln ließ.
Heute nun bietet die Aussicht dem Künstler offene Weite für Inspiration, Erregung und Entspannung. Er arbeitet konzentriert, um sich langsam dem Glücksmoment der Fertigstellung seines Werkes zu nähern. Der intensive, kräftezehrende Malprozess bleibt im Werk bis zum Schluss zu spüren. Übermalte Varianten scheinen durch, werden eben nicht radikal negiert, vielmehr zu einem Dokument erlebbarer Geschichte des wahrhaftigen und authentischen Kunstwerkes. Der Künstler schenkt seinem Gemälde hier etwas rot und dort noch etwas gelb. Gefällt die Farbe dem Bild ist es gut – falls nicht, korrigiert Schindler schon mal kraftvoll mit dem Spachtel oder verwischt komplette Partien. Auch solche Spuren bleiben dem aufmerksamen Betrachter sehr bewusst erhalten.
Schindler ist ein Meister im Ausdruck der Stofflichkeit. Wenn Erde zu duften, der Himmel zu atmen und die Luft zu leuchten beginnen, sind Körper bereits geformt und Räume angelegt. Die Farbe wird von der Form bestimmt. Das Malen ist ein langanhaltender Prozess des Schaffens und Verwerfens. Es entstehen Schichten und damit partiell der Eindruck von klassischer Lasurmalerei. Diese Tiefe unterstützt den Raum im in jeder Hinsicht großformatigen Bild.
„Der Morgen“, „Der Mittag“ und „Der Abend“ verleihen dem Gesagtem Ausdruck. Weitaus mehr noch als im Atelier entfaltet sich bereits hier in der Galerie eine fast schon spektakuläre Anmutung raumgreifender musealer Kostbarkeiten.
Thomas Schindler wurde 1959 in Braunschweig geboren. Maler wollte er immer schon werden. So studierte er ab 1978 bei Hermann Albert und Peter Voigt an der HBK Braunschweig, wo er 1983 auch Meisterschüler wurde. Sodann schloss sich der Maler Thomas Schindler in Berlin jener Künstlerbewegung an, welche durchaus entgegen dem westdeutschen Mainstream die Figur in das Zentrum ihres Schaffens rückte. Schindler baut sein Werk auf der Kunstgeschichte auf und schätzt die alten Meister. Vielfach sieht man ihn als Rezeptionisten der Antike und bringt Bezüge zu De Chirico, Beckmann oder Picasso. Sicher diente auch die Neue Sachlichkeit des frühen 20. Jahrhunderts einen formalen Ansatz für sein Schaffen. All diesen Überlegungen stimmt er aufgeschlossen zu, denn Kunst sollte sich aufbauen auf Erfahrungen.
Bereits als noch vor wenigen Jahren in Berlin lebender und arbeitender Bildender Künstler erlangte Thomas Schindler bemerkenswertes internationales Interesse. Neben weltweit zahlreichen Beteiligungen an Gruppenausstellungen präsentierte Schindler seine Bilder in Einzelausstellungen in Berlin, Bremen, Hannover, Paris, Milano, London, New York, San Francisco, Atlanta, Las Vegas, Los Angelas, Montreal, Zürich und Tokio. Überwiegend in den USA finden sich heute zahlreiche seiner Bilder in privaten Sammlungen und dem Bestand namhafter öffentlicher Museen. Eine detaillierte Aufstellung dazu finden Sie auch in unserem Aushang.
Thomas Schindler ist kein politischer Maler. Gleichwohl finden sich in seinen Arbeiten zahlreiche aktuelle Bezüge, denen er sich nicht entzieht und die nicht kommentiert werden brauchen. So arbeitet Schindler intensiv auch mit Symbolen. Es finden sich wiederkehrende Motive. Im Bild wird die Malerpalette zur abstrahierten Sonnenblume. Beide sind Ausdruck seines lebensfrohen Lebens- und Schaffensansatzes.
Seit wenigen Jahren lebt und arbeitet Thomas Schindler in Halle. Ich bin sicher, dass Thomas Schindler einen angemessenen Platz in der traditionsreichen halleschen Kunstszene einnehmen wird. Die Widrigkeiten der zurückliegenden Jahre verhinderten bislang diese Ausstellung in unserer Galerie. Heute nun kann diese, unsere Wunschplanung endlich in die Realität überführt werden. Wir freuen uns sehr über die Bereitschaft seiner aktiven freundschaftlichen Zusammenarbeit mit unserer Galerie. Eine weitere Ausstellung ist bereits jetzt angedacht. Dann wird Dr. Ralf-Torsten Speler im Rahmen der Eröffnung Gedanken zur Antiken-Rezeption im Werk von Thomas Schindler äußern.
Nochmals meinen herzlichsten Dank an Sie, liebe Kunstfreunde, an alle Aufbauhelfer und natürlich an Thomas Schindler. Ich wünsche uns allen einen schönen Nachmittag.
Thomas Zaglmaier